Freitag, 13. Mai 2011

Ein Beinbruch ist keine Ausrede. Wie wir die letzten zwei Monate überlebten.


Konzerte spielen/Unterwegs sein/Irrsinn – Bilderbuch auf Tour. Österreich/Schweiz/Deutschland, März/April 2011.

Die Exposition - Linz
Das Monster, aus dem Maul der Hölle. ©Erli Grünzweil
Viel wird geredet, gescherzt, gemault und illustriert. Aber so richtig auf den Knochen draufbeißen, das macht im Endeffekt dann keiner. Aber halt – nicht so schnell. Der spitzfindige und aufmerksame Leser unter Ihnen hat doch bestimmt schon bemerkt, dass Bilderbuch alle Benimmregeln und grundsätzliche Werte spätestens mit Verlassens des Hafens über Bord geworfen hat. So auch in diesem Fall, wenn es da heißt: Albumpräsentation. Lassen Sie mich da beginnen. Zum besseren Verständnis des Beginns jedoch, bleib ich meiner Ankündigung nicht ganz treu und werfe schmissig mit harten Fakten und Figuren umher: Linz, ARS Electronica Center, 11.3.2011, eine Glaswand, ein kahler Raum und a hell of Arbeit. Wir kommen also da hin, stellen Sie sich vor, so gegen 16:00 Uhr, und finden das große, weite Nichts vor. Wie man von allerhand Konzerterfahrungen aber ja mittlerweile weiß, gehören zu einem ordentlichen von eben diesen recht viele nützliche Gegenstände. Da wären erst mal eine Bühne, ein paar Boxen, die einem das Hirn rausblasen, und wenn man ein professionelles Licht hat, dann sieht die ganze Sache auch gleich wieder eine Spur sinnnvoller aus. 
"Irgendwie ist das heut' leiser als sonst..." ©Erli Grünzweil 
Demnach macht sich der Vierer (damit ist natürlich die Band gemeint) locker beschwingt ans Eingemachte, schraubt Bühnenelemente aneinander, um diese Tortur dann ein paar mal wiederholen zu dürfen, verschiebt Tische und Stühle. Bis dann endlich der ganze Kram steht ist es, sagen wir mal, 21:00. Pünktlich wie die Maurer geht der Andrang los. Monster, Fans, Menschen und einfach nur Interessierte strömen in die nette Glasanstalt. Ein riesiges Gefühl von Stolz überkommt mich, während ich meine Runden drehe auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Erlauben Sie mir nun einen Zeitsprung von, sagen wir, 7-8 Stunden. Praktisch gegen 4-5 Uhr früh räumen wir den Gig weg. Wahrlich, sprach Alexei Grigoryehich Orlov. Ich schildere nur kurz ein paar Eindrücke, an die sich mein zermatschtes Hirn nach dieser Nacht noch so erinnert: Während ich den Boden kehre, rollt der schlafende Petz auf einem spacigen Roboter daher. Es kann aber doch auch sein, dass ich mich täusche. Ich weiß es bis heute nicht.

Das Raumschiff ist gelandet... ©Christoph Kregl.

Die Komplikation – Wien

"Lass uns diesmal mit Satisfaction beginnen" - Maurice, ich und Petz beim Lieder auswählen ©Philipp Pfeiffer.
Nach dem letzten wunderbaren und grausamen Wochenende begibt sich Bilderbuch auf den ersten Gaul. Namentlich, ins Flex. Ich staune nicht schlecht, als der, in Fachkreisen weithin unter dem ominösen Namen „Flex-Beda“  bekannt, die Truppe sprengt und frohlockend von einer Menge verkaufte Vorverkaufskarten berichtet. (Genaue Zahlen werden nicht genannt, eine professionelle Rockband [und als solche sind wir ja mittlerweile landesweit bekannt] übt sich in Diskretion und Alkoholisation). Gut, ich lasse mich nicht beirren, prüfe die knapp 800000000 Leute schwere Menge (so weit zur Diskretion) mit unglaublicher Erleichterung und genieße die supertolle, weil bald Weltruhm habende und adrette Band „The Nintendos“. (Sollte dieser Name einem Leser noch nicht bekannt sein, dann wird er an dieser Stelle mit einem Brieföffner bedroht und mehr als unhöflich, gar flegelhaft, gebeten sich doch zu informieren). Nun denn, alsbald wir die Bühne betreten, halte ich einen Moment inne, schmecke all die Arbeit und den Schweiß (gepaart mit einem Schuss Gin Tonic) und zerlege mein Schlagzeug in des Mäuschen’s Kröten. Ein wunderbarer Abend.

Die Erleuchteten bringen Unheil und Schande übers Land. ©Christoph Kregl

Die Peripetie – Schweiz

Der Werwolf hat den Mond in seinen Augen. ©Christoph Kregl.
Weil wir, als kosmopolitische Band ja immerhin auch einen gewissen Ruf zu verteidigen haben, folgen wir eben diesen in das reichste Nachbarland. Den ersten Abstecher machen wir nach St. Gallen, wo die Straßen aus Käse und die Landschaft aus Wein besteht. Eine Hammer-Mischung, denk ich mir. Als beim Konzert die nette Grabenhalle dann ungefähr zu 1/100 gefüllt ist, wird mir ganz warm ums Herz (auch auf die Gefahr hin, jetzt gänzlich unprätentiös zu wirken). Irgendwie machen Konzerte mit eher wenigen Leuten (wenn ich das so nennen darf), genauso viel Spaß. Ich hör das Schlagzeug nämlich dann noch viel besser. Den nächsten Tag nützen wir, um die Altstadt unsicher zu machen. Mit sinnlosem Herumgebolze in ehrwürdigen Kirchendenkmälern beschmutzen wir die österreichische Reputation bei den Schweizern und werden das Opfer nicht nur einer Nachahmung. Versteh ich eh, ist ja lustig, wenn man so redet wie wir. – Pff, sollten sich die Schweizer doch mal selber zuhören.
Von wegen Brandwagen - Maurice macht einen auf Umwelt und kommt by horse. ©Christoph Kregl
Fröhlich und frohlockend geht es weiter nach Bern in den Gaskessel. Begleitet von griechischem Flair (der Gaskessel sieht aus wie ein Amphitheater) und Atomic Stereo (siehe: „geile Band“) bringen wir auch die letzten Schweizer Zauderer vorm österreichischen Charme niederzuknien und sich ihm hinzugeben. Zumindest der zahlreichen Schar, die sich dieses auch antut. Ohjemine, das liest sich wie eine Erlebniserzählung...

Retardation – Back in OÖ/Noppen Air

Ich oute mich, vor versammelter Welt, als großer Festival-Fan. Und als großer Red Bull-Fan. Und überhaupt. Ich kann Ihnen aber auch gute Gründe dafür nennen: Beginnen wir am 29.April 2011. Während der Peter, die Cotschi und ich lässig bei einem koffeinfreien Soja-Latte vom McCafé vor dessen Eingangstür chillen, fährt ein Porsche vor. Oder so etwas ähnliches, ich kann das ja so schwer unterscheiden. Nennen wir das Gefährt halt einfach „Red Bull Brandwagen“. Der Martin, seines Zeichens Fahrer und Chef, holt uns mit eben jenem ab und gewinnt erste Sympathien, ob seines süßen Salzburger Dialekts. Den Kühlschrank im Bus, und die PlayStation sind natürlich auch nicht gerade von Nachteil. Liebe Leser, Sie lesen richtig. Bilderbuch fährt, nach Jahren harter Schinderei in einem Minivan, erstmals mit einem RICHTIGEN Tourbus zu einem Konzert. Das alleine würde schon einen seitenlangen Blogeintrag rechtfertigen. Weil mir da von oben sonst die Leviten gelesen und die Schuhbänder zusammengeschnürt werden, lass ich das lieber. Um ein paar Stichworte des Schwärmens komm ich so und so nicht umher: PlayStation. Fifa 2011. Maurice ist sowieso kein Gegner. Wir spielen dieses Spiel während der Fahrt auf hoppeligen, mit Steinen und Felsen versehenen Straßen und trotzdem: man fühlt sich einfach nur gut. Lassen wir den Bus mal außen vor und konzentrieren uns aufs wesentliche: 
Das Schlachtfeld, gehüllt in einen Mantel der Manie. ©Angelika Weinzerl.
Das Noppen Air. Für mich bestimmt ein Konzerthighlight der vergangenen Monate und würdiger Abschluss unserer Gigreihe. Ich mag die Menschen dort, ich liebe die Bands (Stichwort: Francis Internation Airport) und erfahre jede Menge großer Rock’n’Roll-Kunst mit dem Rest von Bilderbuch.

Dénouement – still to come

Wie es sich eines guten Blogeintrages geziemt (zumindest meiner Definition nach), bleiben hier eine Menge Fragen offen. Ich bin mir der Nichtvollständigkeit der letzten paar Zeilen natürlich bewusst. Viel zu vieles ist passiert, auf den Konzerten der letzten zwei Monaten. Viel zu wenig hab ich erwähnt und gegurgelt, von Graz, Klagenfurt, St. Pölten, Salzburg, Schwabmünchen und weiteren wunderbaren Städten/Orten/Menschen. Ich bitte den Leser daher, mir ergiebigst zu verzeihen und räume ein, dass sich Konzerte und die damit verbundenen Erfahrungen eh nicht in Worte fassen lassen. Am Besten ist es, man ist ein Teil davon. Und das sind Sie alle. Leser/Konzertbesucher/Bands. – Ein fettes „Respect“ für die letzten zwei Monate.

Andreas Födinger.